Wenn ein Familienmitglied pflegebedürftig wird, dann stellen sich für Kinder und andere Angehörige sehr viele Fragen. Doch auch, wenn entschieden ist, ob man eine 24h-Pflegekraft ins Haus holt, mit der Hilfe einer stundenweisen Betreuung selbst pflegt oder ein Pflegeheim in Anspruch nimmt…Eine Frage steht immer im Raum: Wer bezahlt die Pflege eigentlich?
Im besten Fall sind die Betroffenen vermögend oder erhalten eine ausreichende Rente, die die Pflegekosten deckt. Doch leider kann es aus verschiedenen Gründen immer dazu kommen, dass kein Vermögen vorhanden ist, dieses bereist aufgebraucht wurde oder die Rente so gering ausfällt, dass diese unmöglich alle Kosten decken kann.
Eine Möglichkeit, die Kosten ganz oder in Teilen zu decken sind, die Leistungen der Pflegekasse: Je nach Pflegegrad steht dem Pflegebedürftigen ein gewisser Betrag an Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zu, um bei der Pflege finanziell zu entlasten. Nur was passiert, wenn sowohl die Rente als auch die Pflegesachleistungen oder das Pflegegeld zusammen, nicht das Pflegeheim decken? Hier kommt der sogenannte „Elternunterhalt“ ins Spiel:
Bisher hat in solchen Fällen zwar das Sozialamt gezahlt, kam aber danach auf die Kinder zu, um sich das Geld wiederzuholen. Hier greift das neue „Angehörigen Entlastungsgesetz“ aus dem Jahr 2020: Denn seit Januar 2020 müssen nur noch Kinder für die Pflege der Eltern aufkommen, die mehr als 100.000 € Brutto im Jahr verdienen.(Quelle)
Achtung: Der Artikel dient lediglich der Information und ersetzt keine rechtliche Beratung.
Autor: Prof. Dr. Martin Przewloka
Zuletzt bearbeitet am 18.01.2023 von: Bettina Morich (Redakteurin)
Zahlen müssen nur Kinder mit einem Jahreseinkommen über 100.000€ Brutto. Gibt es mehrere Kinder, die zusammen über 100.000 € verdienen, werden die Beträge nicht addiert, sondern die Einkommen werden separat betrachtet. Kommt nur eines der Kinder über die 100.000€ muss auch nur dieses zahlen. Der Berechnung liegt das Bruttoeinkommen zugrunde. Hier wird auch Einkommen wie Mieteinnahmen oder Kapitalerträge miteingerechnet. Bei Selbstständigen wird der Jahresgewinn abzüglich der Werbungskosten berücksichtigt. Es muss auch immer nur für die eigenen Eltern bezahlt werden, nicht für die Schwiegereltern. Das heißt, wenn das Schwiegerkind mehr als 100.000€ im Jahr verdient, das eigene Kind jedoch nicht, muss dieses auch nicht zahlen. Für Stiefeltern muss in der Regel nicht gezahlt werden. Wurde das Kind jedoch adoptiert, gelten dieselben Regeln wie für leibliche Eltern. Haben jedoch Eltern ihre Kinder zur Adoption freigegeben, können diese keinen Unterhalt beanspruchen. Auch, wenn kein Kontakt zu den Eltern besteht oder das Kind enterbt wurde, muss Unterhalt gezahlt werden.
Eine Ausnahme bei der Pflicht zum Unterhalt besteht dann, wenn das Elternteil selbstverschuldet nicht zahlen kann, weil es beispielsweise seine Armut durch eine Suchterkrankung verursacht hat oder die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind vernachlässigt wurde. Natürlich besteht auch bei Missbrauch der Eltern gegenüber dem Kind oder anderen „schweren Verfehlungen“ kein Recht auf Unterhalt. In diesen Fällen kann Einspruch gegen die Unterhaltsverpflichtung eingelegt werden.
2000€ Netto im Monat werden den Angehörigen als Selbstbehalt zugestanden. Bei verheirateten Paaren ist der Betrag höher, hier liegt die Grenze bei 3.600€. Es werden auch andere Unterhaltszahlungen (beispielsweise für Kinder) oder Tilgungsraten rausgerechnet, sodass es sich wirklich um einen Nettobetrag handelt. Von dem Geld, was über dem Selbstbehalt liegt, müssen 50% für die Kosten der Pflege der Eltern aufgebacht werden, die anderen 50% darf das Kind behalten. Haben die Kinder Vermögen, wird dieses nicht berücksichtigt. Ausschlaggebend ist lediglich das Einkommen. Etwas anderes ergibt sich, sofern die Eltern eigenes Vermögen besitzen. Zwar gibt es auch hier Schonbeträge, allerdings liegt der Betrag bei 5.000€ pro Person, zusammen dürften die Eltern also lediglich 10.000€ für sich behalten.
Das „Angehörigenentlastungs-Gesetz“ sieht nur die Zahlungen in direkter Linie, also von Kindern an Eltern oder Eltern an Kinder. Enkel sind beispielsweise nicht verpflichtet für ihre Großeltern zu zahlen.
Das Gesetz soll vor allem Angehörige entlasten, von denen sich bisher das Sozialamt Geld zurückgeholt hat. Das bedeutet, wenn das Sozialamt für die Angehörigen einspringt, und diese unter der Verdienstgrenze von 100.000€ im Jahr bleiben, müssen Angehörige nicht zahlen. Dies gilt aber nur für Leistungen, die vom Sozialamt übernommen werden können, also beispielsweise die Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege, einen Heimplatz im Pflegeheim oder einen ambulanten Pflegedienst. Leider werden Dienstleistungen wie die 24h-Pflege dadurch nicht übernommen und somit ändert sich in diesem Fall nichts an den Kosten für Angehörige.
Genauso wie Kinder für ihre Eltern zahlen müssen, haben auch Eltern gegenüber ihren Kindern eine Unterhaltspflicht. Auch hier gilt seit Januar 2020 die Grenze von 100.000€ brutto im Jahr. Auch die Eingliederungshilfeleistungen entfallen, unabhängig vom Einkommen. Darüber hinaus gibt es Förderungen zur Ausbildung von Behinderten. Unter anderem soll dem Ausbildungsbetrieb die Vergütung erstattet werden. So soll es Menschen mit Behinderung möglich gemacht werden, eine betriebliche Ausbildung abzuschließen. Reicht die Ausbildungsvergütung nicht, müssen Eltern, die unter der Grenze liegen nicht zahlen, sondern es kann eine Förderung vom Amt geben.
Nein. Zahlen muss nur, wer mehr als 100.000€ im Jahr verdient. Hier wird der Bruttobetrag zugrunde gelegt.
Die Gehälter der Kinder werden nicht addiert, zahlen muss nur das Kind, das alleine mehr als 100.000€ im Jahr verdient.
Nein, Enkel müssen nicht für die Großeltern zahlen. Es gelten nur direkte Verwandtschaftsverhältnisse wie Eltern-Kind-Beziehungen.
Nein, es muss immer nur für die eigenen Eltern bezahlt werden.
Es kommt auf die Summe an. Je Elternteil gibt es 5.000€ als Schonvermögen. Alles darüber hinaus muss eingesetzt werden.
Prof. Dr. Martin Przewloka hat im eigenen familiären Umfeld umfangreiche Erfahrungen mit dem Thema Pflege gesammelt und teilt sein Wissen über verschiedene Kanäle mit anderen pflegenden Angehörigen. Durch seinen Universitätsabschluss in Medizinischer Physik (Universität Kaiserslautern) versteht er zudem die gesundheitlichen Hintergründe der unterschiedlichen Erkrankungen und kann sich in die Lage der Pflegebedürftigen hineinversetzen.